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Den Stein wahren: Was mich mit Kendall Jenner und dem Felsen am Foto-Set verbindet

Blog

[19. Mai 2024]

Als ich neulich Kendall Jenner in der Vogue sah, musste ich an meine Zeit beim Film zurückdenken. Ich war ein bisschen Mädchen für alles, offiziell aber Produktionsassistentin. Oder Filmredakteurin. Oder Kostümbildnerin. Das kam ganz darauf an, wer den Auftrag gab und mit wem ich sprach.

Unter anderem war ich beim Dreh einer Stunt-Fahrszene im Harz für die Requisiten zuständig – gebraucht wurde: ein Felsbrocken. Ich war neu in der Branche und fragte mich ernsthaft, wo ich denn jetzt einen riesigen Stein herbekommen sollte. Der Kameramann half mir weiter: aus dem Requisitenfundus des Filmstudio Babelsberg.

Am Telefon musste ich bereits Vorstellungen vom Felsbrocken abgeben. So genau hatte ich noch nie über Witterungsauswirkungen, Sedimentation und Grautöne nachgedacht. Zwei Tage später stand ich an der Requisiten-Ausgaberampe, mein Felsbrocken lag zur Abholung bereit. Er sah so echt aus, dass ich beinahe nach einem Hubwagen und Hilfe gefragt hätte. Eigenhändig jedoch lud ich den Stein mit 1,50 Meter Länge und 500 Gramm Gewicht ins Auto. Er war aus handbemaltem Styropor.

„Don’t be gentle, it’s a rental“, sagt man unter Filmleuten. Das bezieht sich auf Produktionsfahrzeuge. Mein Auto war kein Produktionsfahrzeug, sondern der neue Firmen-BMW in Alpinweiß. Zum Geblitzt-Werden war der super! Aber um einen Felsbrocken zu transportieren, dazu war dieses Modell weniger geeignet.

Als ich alles umgeklappt und ausgezogen hatte, was der Innenraum an platzmachenden Features versprach, ragte der Stein vom Kofferraum bis rechts neben meinen Kopf in Richtung Frontscheibe. Eine Woche zuvor hatte ich einen Kurs zum Thema Ladungssicherung belegt, zu Styropor-Felsbrocken hatte ich da nichts gelernt.

Der Fels und ich fuhren vom Parkplatz des Filmstudios. An der ersten Ampel hielt ein Polizeiauto neben mir. Der Polizist auf dem Beifahrersitz schaute erst mich hinterm Steuer an, dann in die hinteren Fenster zum Felsen, dann wieder zu mir. Die Ampel wurde grün und ich hatte keine Zeit zu beweisen, dass dieser Felsen zwar aussah wie zwei Tonnen, aber weniger wog als eine Handvoll Kieselsteine.

Den fragend-irritierenden Blick des Polizisten warfen mir auch andere Autofahrer zu: Warum transportiert sie einen Felsen? Wie hat sie den ins Auto bekommen? Was, wenn sie bremst? Ich konnte es ihnen nicht verdenken. Ein paar Mal erschrak ich selbst, als ich in den Rückspiegel schaute.

Im Harz angekommen, sollte ich für den Dreh noch was im Supermarkt besorgen. Mit einem vollen Einkaufskorb stand ich vor einem Problem, das sehr wohl im Kurs zur Ladungssicherung besprochen wurde: Ich musste umpacken. Dafür hob ich den Stein umständlich aus dem Kofferraum. Kurz trug ich ihn über mir, ähnlich wie Kendall Jenner beim Vogue-Shooting – nur mit mehr Oberschenkelumfang.

Den verrenkten Hälsen zufolge dachten einige Supermarktkunden auf dem Parkplatz: Was für eine starke Frau! Und ähnliches wollte sicher auch die Vogue in den Köpfen ihrer Leser entstehen lassen. Bei mir hat das nicht funktioniert. Als ich neulich Kendall Jenner in der Vogue sah, musste ich an meine Zeit beim Film zurückdenken – und daran, dass manche Dinge leichter sind als es aussieht und trotzdem nicht in einen BMW passen.

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