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Baumarkt-Romantik

Blog

[28. Mai 2020]

Noch etwa achtzehn Stunden bevor ich mich mit Muttererde unter den Fingernägeln im Gang vor den Warmwasserboilern wiederfand, hätte ich schwören können, ich bin so nicht: kein Naturfreund, niemand mit Plänen für ein Gartenhaus. Ich dachte auch, ich würde weder jemals Jeans ohne Ironie tragen noch Schuhe in ihrer Zweckmäßigkeit wertschätzen. Doch das Bild, das ich mir einbildete in der Spiegelung der Panzerschlauchmuttern in Gang fünf zu erkennen, bewies offensichtlich das Gegenteil. Was es allerdings auch zeigte, war einen dritten Arm, der meine Taille (irgendwo unter der wollenen Strickjacke, in der sich noch trockene Blätterreste und ganz sicher auch das ein oder andere Spinnenbein fanden ließen) an einen zweiten Körper zog. Dann starrten vier Augen, von Warmwasserinstallation völlig planlos, aber so nah beieinander, dass sie beinahe die Chance gehabt hätten, dieselbe Perspektive zu haben, auf die Boiler. Aber wie wichtig kann eine identische Darstellung von Boilern schon sein? Ich zog an den Gürtelschlaufen meiner schwarzen Jeans und hob damit den Saum knapp über die Sohlen meiner Synthetiksandalen. Noch nie hab ich mir so willentlich sechskantigen Edelstahl angeschaut.

[Neubrandenburg, Frühjahr 2020]

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