[20. August 2023]
Warum Hawaiihemden die besseren Hemden sind? Sie stehen für Ungezwungenheit und Lebensfreude. Und das sind für Hawaiianer nicht nur reichweitenstarke Hashtags oder Vokabeln einer gut gemeinten Selbsttäuschung. Immerhin sind sie Einwohner des „Happiest State in the US“ – das zwölfte Jahr in Folge. Und mit nur einem Jahr Ausnahme belegten sie auch davor schon sechs mal Platz 1.
Die Glückssträhne begann vielleicht 1966, als der „Aloha Friday“ in hawaiianischen Büros einen Pausentag für Krawatten, Sakkos und nicht atmungsaktive Polyesterhemden einlegte. Am Ende der Arbeitswoche durfte nun luftige Viskose getragen werden: bedruckt und über der Hose hängend. Daraus entwickelte sich damals übrigens der „Casual Friday“, nämlich als Hewlett-Packard seinen Mitarbeitern in Palo Alto dasselbe erlaubte. Hawaiihemden für alle also; zumindest freitags.
Was die Ärmellänge betrifft: Ich stimmte Carrie Bradshaw damals zu, als sie ihrem Date, einem vorzeitig ejakulierenden Romanautor, vor einem Fotoshooting für GQ den Rat gab: „Just don’t be photographed in anything sleeveless. No one who went sleeveless ever won a Pulitzer.“ Und ich gehe noch einen Schritt weiter: Auch Kurzarmhemden sind nicht preiswürdig. Zu piefig, zu unpersönlich, finde ich. Nur bei Hawaiihemden mache ich eine Ausnahme. Denn sie wirken erst in der richtigen Dosis, eine Ärmellänge ist da entscheidend – und in der Regel zu viel. Aber zu kurz sollten sie eben auch nicht kommen. Da hatte Carrie ebenfalls recht: am Ende einfach unbefriedigend.
Hawaiihemden haben kurze Ärmel, ja. Sie sind aber nicht spießig, schon gar nicht kleinkariert. Auch nicht gepunktet oder – noch schlimmer – einfarbig babyblau. Sie tragen traditionelle Quilt- und Tapa-Designs oder Blumenmuster. Und ihr Druck ist am besten, wenn er auf der Innenseite aufgetragen ist. So haben es auch die Hawaiianer am liebsten. Denn dann wirkt selbst das neueste Hawaiihemd nostalgisch und zärtlich von der Sonne erblasst.
Apropos Vintage-Vibes: Lest ihr „Kamehameha“, „Kahala” oder „Shaheen“ im Etikett, habt ihr ein Original. So wie Elvis Presley, der eins in Rot von Shaheen für das Platten-Cover von „Blue Hawaii“ trug. Denn das waren die ersten Produzenten, die schon 30 Jahre vor dem „Aloha Friday“ in Hawaiihemden machten. Vor allem US-Amerikaner vom Festland nahmen die Hemden mit nach Hause, als Souvenir. Für mich haben Hawaiihemden fast 100 Jahre später noch immer diese Wertigkeit. Kein anderes Hemd erinnert so schön an den letzten Sommer, an eine gute Party – oder an einen entspannten Freitag.