[10. Februar 2021]
Sie war Pelz. Ja, richtiger, echter, PETA-Anhänger Farbbomben-Aktionen planen lassender Pelz. Und verdammt war sie weich.
Ich hatte sie am vorletzten Tag von 2015 in Wrocław entdeckt. Einen Tag später lag kniehoher Schnee, als wollte Polen mir für meinen Kauf stolz auf die Schulter klopfen. Mein Gewissen winkte spätestens an dieser Stelle ab. Ich war verliebt.
Mit ihr verbrachte ich Warteminuten an Haltestellen in beißenden Berliner Wintern. Ich wurde das erste Mal in einem Restaurant beschimpft wegen ihr. Und immer, wenn sie sich mal wieder aus der Schlaufenkonstruktion löste, war ich froh, sie doch noch vor dem Fall auf den dreckigen U-Bahnsteig gerettet zu haben. Unsere Beziehung war aufregend, voller Auf und Abs.
Einmal trennten wir uns beinahe: In einem Tanzlokal im baschkortostanischen Ufa ließ ich sie zurück. Im Taumel von schlechtem Euro-Trash und Bier mit zu viel Fuselstoffen hatte ich sie beim Aus-der-Tür-Gehen einfach vergessen. Am nächsten Morgen: schwindelerregende Schockstarre. Zum einen wegen des Biers, zum anderen, weil ich sie irgendwo im sibirischen Schnee verloren glaubte. Doch ich fand sie wieder, nicht im Schnee, aber in Ufa.
Seither war ich mir sicher, nichts würde uns trennen können. Dass wir füreinander bestimmt wären. Sechs Jahre lang war sie mein einziges Hals-Accessoire bei Temperaturen unter 0 Grad. Ich kämmte sie, trug sie regelmäßig zur Reinigung.
Jetzt ist sie weg, verschwunden. Und ich weiß nicht mal mehr, wo genau es passierte. Klar ist nur: Während ich einen Schneeengel nachts um halb zwei irgendwo im Treptower Park machte, habe ich meine Pelzstola verloren.
