Am 12. Januar startet »Offroad« in den Kinos und zeigt Nora Tschirner in der Rolle der Meike Pelzer einen neuen, unkonventionelleren Lebensweg einschlagen: Sie ist verlobt, ihr Sexleben nicht existent und der scheinbar einzige Strohhalm ein mit 50 Kilogramm Kokain gefüllter Kofferraum. Mit einem massigen Jeep durch die Sahara rasen, davon träumt Meike. Doch anstatt dessen erwischt sie ihren Ehemann in Spe mit ihrer besten Freundin auf der Waschmaschine, erfährt, dass Drogendealer es gar nicht so einfach haben und Berlin mindestens genauso spannend sein kann wie ein afrikanischer Offroad-Trip.
Frau Tschirner, warum spielen Sie Meike eigentlich?
Ich hatte Lust auf diese Figur. Und diesen einsamen Weg, den sie geht. Sie musste ja doch alle Entscheidungen allein treffen und ich fand das spannend. Die Krise als Chance sehen.
Kamen Sie persönlich auch mal an einen solchen Punkt?
Ja, das war kurz vor dem Abi. Aber dann eigentlich nie wieder.
Gedreht wurde in Geilenkirchen, dem Heimatort von Regisseur Elmar Fischer. Wie war es in der Provinz?
Super! Dort wohnt ein wirklich sehr herzlicher Schlag Menschen und die freuen sich einfach, dass man dort dreht. Das sind wir ja überhaupt nicht gewöhnt. Normalerweise, wenn man in Berlin oder Hamburg dreht, dann werden da schon mal Flaschen aus dem Fenster geschmissen, weil wieder kein Parkplatz für die Anwohner frei ist. Das war in Geilenkirchen anders. Da kommt dann erst mal der Lokalreporter, der meiner Meinung nach das Vorbild von Horst Schlämmer ist – und das sage ich mit all meiner Liebe zu beiden Figuren! George ist immer schon da, wenn man irgendwo hinkommt und nennt mich grundsätzlich »Supermaus«. Und er ist wahrscheinlich mein allerliebster Lieblingsjournalist auf der Welt. Der ist eine kleine Klatschtante, was er selber natürlich abstreitet, aber er ist überhaupt kein Zyniker und sehr hinreißend. Und das war herrlich.
Geilenkirchen ist also das komplette Gegenteil vom hektischen Berlin?
Ja klar, aber ich würde jetzt auch nicht in einer Kleinstadt wohnen wollen, weil es mir auf Dauer zu klüngelig und transparent wäre. Ich finde es kurzfristig ganz amüsant, dass die ganze Zeit gequatscht und getratscht wird. Aber ich versteh, dass man da irgendwann raus will, weil man sich sagt: Jeder weiß einfach alles über mich. Das ist ja in der Öffentlichkeit ein bisschen ähnlich. Also Hollywood und Geilenkirchen liegen da gar nicht so weit auseinander.
Und auch in der Provinz kann es Freigeister geben!
Oder Spießer in der Großstadt. Anna Gotzlowski ist auch ein bisschen in sich und ihren Vorurteilen am Anfang von »Keinohrhasen« versackt – und lebt in der Großstadt. So sieht es auch bei Meike aus. Das hat nichts mit der Provinz zu tun, die findet im Kopf statt. Für Spießertum gibt es keine Ausreden, egal wo man ist. Deswegen ist Meikes Freund ja anfänglich sogar noch der Coolere, weil er sie betrügt. Der macht wenigstens irgendetwas. Sie sitzt nur da. Und es ist einfach nicht toll. Da kann mir kein Mensch erzählen, dass sie noch vor zwei Monaten eigentlich total glücklich war. Sie hat einfach aufgehört hinzusehen. Und das passiert Leuten auch in der Großstadt.
In Ihren letzten Filmen sahen wir Sie immer wieder in der Rolle des Mauerblümchens. Könnten Sie sich vorstellen, auch mal in andere Rollen zu schlüpfen?
Welche zum Beispiel?
Die Sara aus »Offroad«: sexy, überblond – mehr girlie.
Ja, das ist auch eine spannende Rolle. Aber die Sara war ja nur zwei Tage am Set, dafür reise ich nicht an … Quatsch. Also ich muss sagen: Je mehr Risse in einer Rolle sind, je weniger glatt sie ist, desto mehr ist für mich zu spielen. Das hat einen ganz einfachen Grund: Ich langweile mich ungern. Und wenn die Haare nicht gut sitzen müssen und so etwas wie »Kannst du noch mal schauen, ob meine Wimpern noch da sind?« bei einer Rolle erst gar nicht in Frage kommt, bin ich viel freier im Spielen. Das ist, als würde man auf einen Spielplatz gehen und es hat geregnet. Und man hat sich dafür entschieden, High Heels zu tragen. Dann wird man einen nicht so geilen Nachmittag haben, als hätte man einfach die Gummistiefel angezogen.
Ihr Kollege Elyas M‘Barek hat erzählt, Sie haben ein Auto geschrottet?
Hat er wieder den Macker gemacht oder was? Also erst mal hat Elyas mich die ganze Zeit angefleht, dass er dieses Auto fahren darf. Und ich hab es ihm nur ein Mal erlaubt, deswegen hat er sowieso schon mal Frust. Aber das war so, dass ich mit dem Team nicht gleich darauf gekommen bin, dass, wenn man einen Roadmovie dreht und man eine Kamera auf dem Auto hat, man diese vielleicht auch sichern sollte. Erst recht, wenn die so groß und schwer ist und man durch Kiesgruben fährt, wo’s die ganze Zeit rüttelt.
Was passierte also wirklich?
Es fiel mir in einer Kurve, wo ich über einen Huckel fuhr, der Kameramann in den Arm, also quasi ins Lenkrad. Und es ging einfach so schnell. Ich hab das Lenkrad rumgerissen und auf einmal stand das Auto auf der Seite. Aber wir haben das Auto nicht geschrottet, es sah nur kurz komisch aus. Und danach hatten wir gelernt, die Kamera besser festzubinden. Das war ein Gruppenlerneffekt. Das letzte Mal, dass ich ein Auto geschrottet habe, war bei »Soloalbum«. Das war wirklich peinlich, aber da hatte ich auch noch keinen Führerschein. Darauf darf Elyas also gerne rumhacken. Aber bei »Offroad« lasse ich zwischen mich und meinen Jeep nichts kommen!
Berlin spielt eine wichtige Rolle in »Offroad«. Ist die Hauptstadt für Sie als Berlinerin gut getroffen?
Darüber hab ich noch gar nicht nachgedacht, aber wenn ich das jetzt so mache, dann finde ich, Berlin ist sogar sehr gut getroffen! Es gibt ja ganz unterschiedliche Arten, so eine Stadt darzustellen. Bei »Keinohrhasen« war es ja eher so, wie ich die Stadt überhaupt noch nicht gesehen habe … Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt. Was natürlich auch seinen Reiz hat, dazu ist Film ja unter anderem auch da. Aber so ist es bei »Offroad« nicht. Da ist Berlin so, wie ich es auch sehe: das rohere Patchwork-Berlin. Die verschiedenen Facetten, die aufeinandertreffen. Auch das Hässliche. Wo ich sofort verstehen kann, dass jemand, der nach Berlin kommt, sagt: »Ich will wieder nach München!« Damit habe ich auch kein Problem, aber ich bin halt so aufgewachsen. Und das ist eben Berlin.